Für einen starken Tourismus! Für ein lebenswertes Hamburg!
16 Empfehlungen des Tourismusverbandes Hamburg e. V.
an Politik und Verwaltung für 2022

Aktualisierung der Forderungen des Verbandes vom September 2019

2020 und 2021 waren für den Tourismus weltweit und in Hamburg die schwierigsten Jahre seit den Weltkriegen im letzten Jahrhundert. Die Gästezahlen in der Hansestadt sind zum Teil um bis zu 95 Prozent eingebrochen. Hotels, Restaurants und der Einzelhandel mussten monatelang schließen. Theater, Musicals, Museen und alle Kultureinrichtungen blieben ohne Besucher:innen. Barkassen, Stadtrundfahrten und Gästeführer:innen durften ihre Dienste nicht anbieten. Diskotheken und Großveranstaltungen blieben lange Zeit ohne Perspektive.

Trotz Corona bleiben aber die Grundaussagen zum Tourismus richtig:

Tourismus ist friedenstiftend
Reisen verbindet und erweitert den persönlichen Horizont. Reisen überwindet Grenzen und bringt unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen. Das Lernen voneinander baut Vorurteile und Ängste ab, baut Respekt auf und fördert gegenseitiges Verständnis und Toleranz. Der Tourismus ist ein Instrument des kulturellen Austausches und der Völkerverständigung. Er trägt letztlich zur Sicherung des Friedens zwischen Völkern und Nationen bei. Die Bedeutung des Tourismus ist daher als viel höher zu bemessen, als es ökonomische Indikatoren und Kennzahlen beschreiben.
Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Den Hamburg-Tourismus charakterisierten vor Corona beeindruckende Kennzahlen: 8,0 Milliarden Euro haben die Touristinnen und Touristen in Hamburg im Jahr ausgegeben. 2,6 Milliarden Euro an Steuern wurden seitens der Stadt eingenommen. 600 Millionen Euro verblieben im Hamburger Landeshaushalt. 90.000 direkte und indirekte Beschäftigte arbeiteten in dieser Branche. Diesen Weg gilt es wieder auf zunehmen.
Tourismus ist eine Querschnittsbranche

Der Tourismus beeinflusst viele Lebensbereiche und geht alle Hamburger:innen an. Er fördert die kulturelle Vielfalt in unserer Stadt, steigert die Mobilität und macht die Stadt für viele erlebbar. Die Ausgaben der vielen Gäste Hamburgs ermöglichen das breite kulturelle und sportliche Angebot der Stadt sowie die enge Taktung des öffentlichen Nahverkehrs. Tourismuspolitik ist deshalb auch Teil der Kultur-, Stadtentwicklungs- und Infrastrukturpolitik.

Der Tourismusverband hat vor diesen Hintergründen 16 konkrete Handlungsforderungen bezogen auf vier Bereiche aufgestellt, die für die kommenden Nach-Corona-Jahre die Grundlage für eine wieder prosperierende Tourismuswirtschaft sind.

Stärken stärken

Corona wird Spuren im Tourismus hinterlassen. Reisende Menschen werden auf Sicherheit und Qualität achten, der Geschäftsreiseverkehr wird nicht mehr das alte Niveau erreichen. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Personalmangel sind weitere Entwicklungen, die wir beachten müssen. Was muss also Hamburg tun, um sich den Trends und der neuen Situation zu stellen? Wir müssen Fragen beantworten: Wofür will Hamburg stehen? Welche Gäste wollen wir vornehmlich in unserer Stadt begrüßen bzw. was macht diese Gäste aus und woher kommen sie?

Vor der Pandemie kamen 75 Prozent der Gäste aus Deutschland, 25 Prozent aus dem Ausland – vor der Pandemie war die Zielsetzung ganz klar, dass wir auch international weiterwachsen und den Anteil schrittweise erhöhen wollen. Ist das immer noch so? Sind personelle und finanzielle Ressourcen nicht vorteilhafter einzusetzen? Sollten wir uns nicht stärker auf den Tourismus aus den deutschsprachigen Ländern und den direkten Nachbarländern konzentrieren?

Wofür steht Hamburg in der Betrachtung der Gäste? Hamburg hat eine Vielzahl von maritimen Attraktionen – wäre vor dem Hintergrund der wachsenden Angebote wie des Deutschen Hafenmuseums und der Peking im neuen Stadtteil Grasbrook, des weiter gehenden Ausbaus der HafenCity mit Plätzen und Promenaden am Wasser und neuen touristischen Attraktionen im Überseequartier etc. der Ausbau zu einer „Waterfront/Waterkant“ sinnvoll? Müssen wir nicht den Markenkern Hamburgs als Stadt am Wasser, als maritime Metropole besser vermarkten? Müssen wir nicht auch unsere maritimen Angebote besser erschließen? Und für Touristinnen und Touristen besser erlebbar machen?

Dem Leisure-Tourismus wird ein großer Nachholbedarf nach internationalen Reisen für die kommenden Jahre prognostiziert. Der Boom im Deutschland-Tourismus wird wieder nachlassen. Hamburg wird sich an vielen Stellen neue Segmente erschließen müssen. Eine stärkere Konzentration auf Familien oder auf Gesundheitstourismus ist eine Option. Es sollten eindeutige, messbare Ziele für den Hamburg-Tourismus definiert werden.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Tourismusverband folgende Maßnahmen.

  • Herausarbeitung und Fixierung von konkreten Zielgruppen zur gezielten Ansprache im Marketing und zur Gestaltung von passgenauen Angeboten und Produkten
  • Erneute Diskussion und Festlegung von Themenbereichen zur Vermarktung der USPs der Stadt bzw. des Tourismus in der Stadt
  • Internationaler Tourismus vs. Inlandstourismus – Fokussierung auf ausgewählte, passgenaue Quellmärkte und die damit verbundene Bündelung der Mittel im Kontext aktueller Trends und Entwicklungen
  • Berücksichtigung der neuen Reiseströme nach der Pandemie – Erschließung von ggf. neuen touristischen Segmenten
Hamburg: Heimat und Reisedestination

Eine nachhaltige, innovative Stadtplanung ist für eine lebenswerte Stadt von großer Bedeutung. In erster Linie betrifft dies die Hamburger:innen sowie deren Zukunft. Aber auch für einen erfolgreichen Tourismus ist eine zielgerichtete Stadtentwicklung unverzichtbare Voraussetzung. Nur wenn eine Stadt für ihre Bewohner:innen eine hohe Attraktivität hat, bleibt sie auch ein Anziehungspunkt für Touristinnen und Touristen. Tourismus ist für Hamburg nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtig. Die Besucher:innen der Stadt finanzieren den öffentlichen Nahverkehr und die zahlreichen Mobilitätsangebote mit. Ohne sie gäbe es weniger Kulturangebote, weniger Attraktionen, weniger Sportveranstaltungen und weniger Gastronomie. Ohne dieses breit gefächerte Angebot wäre Hamburg nicht so lebenswert. Der Tourismus in Hamburg verdient in diesem Zusammenhang Wertschätzung und Akzeptanz.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Tourismusverband folgende Maßnahmen. 

  • Erstellung eines umfassenden, leicht zugänglichen Mobilitätskonzepts für die Hamburger:innen und die Besucher:innen der Stadt unter Berücksichtigung aller Mobilitätspartner:innen und von zu erstellenden Parkleitsystemen
  • Einrichtung eines zentral in der Innenstadt gelegenen „Welcome-Centers“ als Schaufenster der Stadt
  • Weitergehende Stärkung der Bezirke und der Vernetzung untereinander zur frühzeitigen Entzerrung künftiger zunehmender Touristenströme in der Stadt
  • Konsequente Umsetzung der Digitalisierung im Tourismus inkl. der Eruierung der notwendigen Systeme sowie des Ausbaus bzw. der Bündelung der digitalen Informationsangebote für Einwohner:innen und Gäste
  • Konzeption einer Akzeptanzkampagne für Hamburger:innen zur Stärkung der Bedeutung des Tourismus in der Stadt
  • Sicherstellung der Sicherheit aller Einwohner:innen und Gäste dieser Stadt im öffentlichen Raum inkl. des ÖPNV
Der Tourismus braucht qualifizierte Mitarbeiter:innen 

Die Corona-Krise hat diesen Aspekt noch verstärkt. Das Fehlen von sowohl Fach- und Führungskräften als auch und vor allem Servicekräften ist nach der Pandemie exorbitant angestiegen. Betriebe müssen teilweise oder gar ganz schließen, weil nicht genügend Personal für die Dienstleistung zu finden ist. Wegen Corona mussten viele touristische Betriebe über eine längere Zeit im Lockdown schließen – durch diese Folgen der Pandemie hat die Branche als Arbeitgeber nicht gerade an Attraktivität gewonnen. Mitarbeiter:innen, die in andere Branchen abgewandert sind, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zurückkehren.

Der Tourismus war ein wichtiger und starker Arbeitgeber für die Stadt und kann es auch wieder werden. Die touristischen Arbeitsplätze geben vielen Menschen eine Chance, sind nicht zu verlagern und sind friedenstiftend. Kurzfristig gilt es, sowohl wieder die jungen Menschen für die Branche zu begeistern als auch Fach- und Führungskräfte zu gewinnen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Tourismusverband folgende Maßnahmen.

  • Sensibilisierung für touristische Dienstleistungsbereiche möglichst schon im Rahmen der Schulzeit zur frühzeitigen Gewinnung von zukünftigen Fach- und Führungskräften
  • Aufbau eines hoch qualifizierenden Studienangebots
  • Sicherstellung von bezahlbaren Wohnungsangeboten (Wohnheime) für Auszubildende
  • Effektive und effiziente Integrationsprogramme für Migrantinnen und Migranten
Hamburg ist ein Teil von Norddeutschland

Im nationalen und internationalen Wettbewerb der Destinationen ist eine Bündelung der Ressourcen sinnvoll und notwendig. Die Sichtbarkeit Hamburgs könnte in Kooperation mit den norddeutschen Partnerinnen und Partnern langfristig gesteigert werden. Durch die Pandemie haben sich die Reiseanlässe verschoben. Der Wunsch nach Weite, Freiheit und Land kann von den Partnerinnen und Partnern der Metropolregion umfassend bedient werden. Eine an den Wünschen der Gäste ausgerichtete Orientierung lässt eine Kombination von Stadt und Land sinnvoll erscheinen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Tourismusverband folgende Maßnahmen.

  • Ausbau der norddeutschen Zusammenarbeit zur Stärkung eines stabilen Wachstumskurses des Tourismus in Norddeutschland
  • Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen in Politik und Verwaltung zur Unterstützung einer norddeutschen Allianz im Tourismus

Der Vorstand des Tourismusverband Hamburg e. V.

Stand: Dezember 2021